Donnerstag, 31. März 2011

Wie kommt das Fleisch auf den Tisch?

Lest mal den Artikel:

Es sollte Unterricht ganz nah an der Realität sein: In Schleswig-Holstein bestellten Lehrer ein Kaninchen zum Sterben in die Schule. So sollten die Kinder lernen, dass Essen in der Steinzeit nicht in der Tiefkühltruhe lag. Auch eine Unterschriften-Aktion der Schüler konnte das Tier nicht retten.



Ich hab lange überlegt, ob ich diese Aktion gut oder völlig abartig und durchgeknallt finden soll und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich sie gut finde. Sehr gut sogar. Warum sollten Kinder nicht auf praktische Art und Weise lernen, dass ihr Braten mal zwei Augen und ein niedliches Schnuppelnäschen hatte?

Wirklich verachtenswert finde ich die Reaktion der Mutter, die jammert, dass sie nun noch mehr Probleme hätte, ihrem Nachwuchs zu erklären, wo das Schnitzel herhommt. Was für hanebüchene Deppenmärchen sie wohl bisher ihrem Kind aufgetischt hat?

Ich habe das als Kind selbst erlebt. Mir wurde erzählt, dass die Tiere, die auf meinem Teller landen, alle an Alterschwäche gestorben wären und als Pimpf habe ich den Quatsch natürlich geglaubt.

Ich hatte Karnickel und wollte absolut kein Karnickelfleisch essen. Eines Tages, Sonntags war das vermutlich, gab es mal wieder Braten und nach dem Essen hörte ich, wie meine Mutter in der Küche zu ihrer Freundin sagte, sie müsse schnell die Knochen verschwinden lassen, damit ich sie nicht sehen würde. Denn falls ich merken würde, dass ich Karnickel gegessen habe, würde ich Terror machen.
Und es gab Terror. Und ich bin heute noch sauer darüber, so verarscht worden zu sein :D

Vor allem Stadtkinder verblöden diesbezüglich. Ich habe schon ein Kind (Grundschulalter) auf ein schwarzweiss geflecktes Pferd deuten sehen und sagen hören "Papa, guck mal, die Kuh frisst Gras". Ohne Scheiss.
(Davon ab habe ich auch schon mal gehört, wie Eltern am Nordseedeich standen und ihrem Kind erzählt haben, dass die Flut immer nachmittags um 16 Uhr kommt, da hats mich auch fast zerrissen.)

Bekannte von mir waren auch fies, als ihre Töchter noch klein genug waren, um drauf reinzufallen:
Sie hatten mehrere Stallhasen, alle schwarz. Wenn die gross genug waren, wurden sie geschlachtet und in die Tiefkühltruhe gesteckt. Dann wurden kleine Schwarze Baby-Hasen gekauft und in die Ställe gesetzt und den Mädels erklärt, dass man den Hasen die Luft rausgelassen habe, weil sie zu gross geworden wären und deshalb wären sie jetzt wieder klein.
Ist das dreist oder dreist? :D
Ich hab mich beinahe vor Lachen weggepackt, als man mir die Geschichte erzählte. Aber die Mädels waren stinksauer, als sie hinter den Schwindel kamen. Zu recht.

Ich finde es schrecklich, wenn Leute Fleisch in grossen Mengen in sich rein stopfen und sich keinen einzigen Gedanken drüber machen, dass das mal ein Tier war, das leben wollte und vielleicht in seinem Leben auch mal gerne die Sonne gesehen oder auf einer grünen Wiese gestanden hätte. Statt in einer winzigen Box in einem dunklen, stinkenden Stall eingesperrt zu sein, bis es (oft brutal) auf einen LKW getrieben wird, einmal quer durch Deutschland oder sogar Europa gekarrt wird und im Schlachhof den Bolzenschuss gesetzt bekommt.

Ich wäre eh dafür, dass ein Gesetz erlassen wird, wonach jeder das Tier, das er zu essen gedenkt, selber schlachten muss.
Dann würde ruckizucki auf den meisten Ackerflächen nicht mehr Futtermais und Hafer angepflanzt werden, sondern Kartoffeln und Weizen für Nudeln. ;)

13 Kommentare:

  1. du willst nicht wirklich, dass jeder Ungeübte, vielleicht unangelernte mit vermutlich völlig ungeeignetem Material auf Kaninchen, Schweine, Kühe etc. einprügelt, -sticht ... Das gäbe ein Gemetzel ...

    Und wenn schon, dann konsequent. Dann sollte auch jeder seine Ananas, Bananen, Äpfel, Sojabohnen für den Tofu, Linsen ... selber pflücken müssen.

    Zurück zur reinen Agrargesellschaft ohne Spezialisierung. Gute Idee: Techniküberfrachtung und Überbevölkerung wären schnell passé :-D Fleisch würde weiterhin gegessen. Ich tät' mich zu wetten trauen. Von mir übrigens auch.

    Hühner und Fische könnte ich relativ umgehend töten. Ein Kaninchen musste ich mal. Als die Nachbarskatze im Treppenhaus nachts ein junges halb tot gespielt hatte und das laut schreiende, an den Hinterbeinen schon gelähmte und stark blutende Kaninchen immer wieder spielend durch den Flur schoss. Obwohl bei mir im Kindheits-zu-Hause auch immer Kaninchen und andere Schlachttiere gehalten und von meinem Vater geschlachtet wurden und ich somit eigentlich wusste, wie es bei Kaninchen funktioniert, tat ich mich ordentlich schwer. Es hat mehrere Schläge gedauert, bis das kleine Tier wirklich tot war. Leben ist zäh und eine gewisse Spezialisierung auch für das Fach "Töten" daher nicht unbedingt negativ", meiner Meinung nach.

    Wobei Katzen da nicht ganz so zimperlich sind. Die fangen auch schon an zu fressen, sobald von der Beute keine Gefahr mehr ausgeht (wenn sie das Spielen müde sind). Ein Löwe knabbert dabei durchaus ohne größere Skrupel an einer vorne noch atmenden Antilope rum. Wobei Menschen durchaus auch lebende Austern schlürfen (pfui Spinne - das ekelhafteste Essen, dass ich mir vorstellen kann). Auf Skrupel beim Töten würde ich also mal eher nicht setzen .... auch nicht beim Menschen ...

    Was die Meldung angeht: hab' ich auch vom Kollegen vorgelesen bekommen und denke: Kommunikation wäre es gewesen. Wie so oft. Sowas sollte vorher schon mit den Eltern abgesprochen und u. U. das Zusehen auf Freiwilligenbasis gestellt werden. Prinzipiell finde ich den Gedanken ok. Andererseits: ein umfassendes Naturverständnis, ein "Eintauchen in die Gesamtvorgänge des Lebens", was im Zuge der Technisierung ebens so abhanden gekommen ist, erreicht man mit dieser Hau-Ruck-Kopp-ab-Aktion ganz sicher nicht.

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  2. achja - Nachtrag:

    die vorgelesene Meldung errinnerte mich daran, dass ich ja schon lange beim Biohof Beck ein Schaf zu bestellen. Und weil grad Donnerstag war und der Hofinhaber Donnerstags auf dem Wochenmarkt direkt nahe am Büro verkauft, hab ich unser Schaf (wir werden es zwischen Mensch und Tier teilen. Schlachte"abfälle", Innereien etc. sind mitbestellt) dann für nächste Woche geordert. Und gestern erstmals Kefir von Bioschafen getrunken. War ziemlich lecker.

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  3. Jupp. So isset. Ich bin damit aufgewachsen, dass Tiere geschlachtet werden um sie zu essen. Keine Lügen, kein Verniedlichungshokuspokus, aber auch kein erweiterter Kommentar, als ich eine Weile auf Fleisch verzichtete.

    Mein Vater hatte einen dörflichen Handwerksbetrieb und wurde oft genug in Naturalien bezahlt. Wir sind dann zum Bauern gefahren und haben den Sonntagsbraten ausgesucht und gleich mitgenommen...

    Heute habe ich kein Problem damit, einer Forelle das Genick zu brechen oder einen Hasen auszunehmen. Der Mann hingegen verschwindet immer aus der Küche, wenn ich für seinen Geschmack zu 'frisch' koche.

    Lieber kenne ich ein "Futter"tier persönlich, als billiges Fleisch zweifelhafter Herkunft zu verspeisen. Aber das geht (aktuell) aus unterschiedlichen Gründen nur selten. Meine eigene moralische Fehlbarkeit zu akzeptieren fällt mir da viel schwerer.

    (Dabei fällt mir ein, dass wir noch keinen Grill gekauft haben und die Nachbarin neulich was von tollen Ochsensteaks vom Dorfmetzger erzählt hatte - da muss ich nachforschen, auf dem Mann liegen große Hoffnungen)

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  4. Lizzy... der Vorschlag, dass jeder selber schlachten müsse, war nicht so ganz wirklich und wahrhaftig ernst gemeint ;)

    Mich ärgert es nur, wie weit entfernt von der Realität man Kinder erzieht, wenn man ihnen verheimlicht, wo das Fleisch her kommt oder sie sogar anlügt.
    Warum sollten Kinder nicht wissen, woher ihr Schnitzel kommt? Warum zucken die Leute zusammen, wenn es ums Schlachten geht? Essent tun sie doch auch, was am anderen Ende als Wurst und Steak raus kommt.

    Mir selber gehts auch nicht viel anders. Ich verfüttere in grossen Mengen Fleisch an meine Carnivoren. Aber glaubst du, ich könnte zusehen, wie ein Tier geschlachtet wird oder es gar selber schlachten? Niemals.

    Komische Welt. Jeder konsumiert nach Belieben, ohne Gewissen.
    Dagegen finde ich die Aktion mit dem Schaf vom Bauern um die Ecke viel besser. Das wird wahrscheinlich auf dem Hof geschlachtet und nicht erst verladen und rumgekarrt.

    Weniger Fleisch, dafür Bio. Das wäre doch schon mal eine granatenmässige Verbesserung.

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  5. @ Ellen
    "Lieber kenne ich ein "Futter"tier persönlich, als billiges Fleisch zweifelhafter Herkunft zu verspeisen."

    Das geht halt nur auf dem Land. Großstädter können nur das fertige Steak kaufen.
    Aber das dafür beim Biobauern. Teurer, und dafür weniger.

    Ich sehe an meinem Mann, dem ehemaligen Großstädter, wie doof der schon geguckt hat, wenn wir wegen der Dorfkatzen in diversen Ställen hier im Dorf waren. Nix mit Schweinchen auf grüner Wiese oder so. Sondern im versifften dunklen Stall, fast bis zum Bauch in der eigenen Scheisse stehend.
    Danach konnte ich für längere Zeit vegetarisch kochen, ohne hören zu müssen, wie schön ein Stück Fleisch jetzt zum Gemüse wäre.

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  6. Die Geschichte zieht grössere Kreise: http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/article//kaninchen-im-unterricht-geschlachtet.html

    Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
    Und der Bund gegen Missbrauch der Tiere hat sich eingeschaltet.
    Was solln das jetzt? Warum sind ausgerechnet die dagegen, wenn man Kindern zeigt, wo das Schnitzel herkommt? Wärs denen denn auch lieber, die Kids würden weiterhin glauben, das Fleisch würde in der Tiefkühltheke bei Aldi wachsen?

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  7. "Das geht halt nur auf dem Land."

    Und nichtmal da. Ich kann mir ja schlecht ne Kuh in den Garten stellen und dann immer ne Scheibe runterschneiden.

    "Großstädter können nur das fertige Steak kaufen.
    Aber das dafür beim Biobauern. Teurer, und dafür weniger."

    Schön wärs. Im Landeshauptdorf müsste ich einen ganz schönen Einkaufsmarathon veranstalten, um Biofleisch jenseits von Hühnertitte und gemischtem Hack zu bekommen.
    Nicht zu vergessen die Frühstückssalami oder die gefüllte Pasta aus der Frischetheke oder der Joghurt (Gelantine!) oder die ganzen anderen Produkte, die totes Tier in verarbeiteter Form enthalten... Das Leben besteht ja nicht nur aus Kotletts.


    Momentan ist hier sowieso die Küche meist kalt - es lebe der Pizzadienst mitsamt seinem Formhinterschinken, der die längste Zusatzstoffliste seit Analogkäse hat. :-)

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  8. Och, doch, auf dem Land geht das schon. Die meisten Metzger, oder wie es hier heisst, Schlachter, haben ja eine Liste mit den Höfen aushängen, von denen sie ihr Fleisch beziehen. Und wenn nicht, kann man danach fragen.

    In Stuttgart würde mir spontan die Markthalle ♥ einfallen. Wenn ich mich nicht täusche, ist da am linken Ende, vom Haupteinang aus gesehen, ein Biometzger. Und im Vogelsang (Westen) gibts eine Bio-Markthalle. Dann gibts noch den Metzger Kalbacher in Gablenberg.

    Hach, die Markthalle. Die vermissen wir so. Wir waren da öfter mal Amok-Einkaufen und kamen mit vollen Türen und leerem Geldbeutel wieder raus. So was in der Art gibt es in ganz Hamburg nicht, nicht mal annähernd.

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  9. Die vollen Türen :D
    Soll natürlich volle Tüten heissen.

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  10. Das mit den vollen Türen hätte ich zu gern gesehen *g*

    Im Moment bin ich schlicht zu faul, neben der ganzen Baustelle noch vernünftig einzukaufen und zu kochen. Ich habe sogar die Biokiste wieder abbestellt weils einfach im Kühlschrank vergammelte, während wir in der Frittenbude auf dem Weg zwischen Baustelle und Bett saßen.
    Nach dem Umzug sinds 200m zum Dorfmetzger und 500m zum Biobauernhofladen. Und man kommt da sogar hin, ohne sich mit dem Rad über 4-spurige Stadtautobahnen wagen zu müssen oder vom VVS ausgeraubt zu werden (Studententicket Stuttgart 329€ vs. Studententicket Karlsruhe 116,30€ als Netzkarte pro Semester bei vergleichbarer Netzgröße - aber das nur am Rande).

    Und damit das jemals was wird, gehe ich jetzt auffe Baustelle. Schaffe, schaffe Häusle baue...

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  11. Ich verkneife mir jetzt einen Kommentar über die Vorzüge von Stuttgart im Vergleich zu Kalllsruh :D
    Nur so viel: nicht mal tot möchte ich dort überm Zaun hängen müssen :D
    Obwohl es eine schöne Stadt ist. Aber als Stuttgarterin kann ich aus purem Prinzip kein gutes Haar an Karlsruhe lassen, ohne die Gefahr einzugehen, beim nächsten Besuch in der Heimat ein paar unsanfte Schläge auf den Hinterkopf verpasst zu bekommen ;)

    Hach, war das schee, als der KSC noch in der ersten Liga spielte. Kein Sieg war schöner, als der vom VfB gegen den KSC und keine Niederlage (gabs die überhaupt? :D ) bitterer.
    Aber vielleicht trifft man sich ja nächste Saison wieder. In der zweiten Liga :-/

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  12. uuuuuuuuh, das war als Oliver Kahn noch beim KSC im Kasten stand. Der is jetzt in Rente und ich fühle mich aaaaaalt.

    Aber Karlsruhe war nur ein Beispiel, das hätte auch jede andere mittelkleine deutsche Universitätsstadt sein können - mein Herz schlägt für Südbaden und Freiburg ♥.

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  13. Da ist es ja auch schön, und vor allem gibt es dort gutes Essen ;)
    Gutes Brot, dafür würde ich ja was geben. Gibts hier nicht. Nur lätschiges, bleiches Schmeckt-nach-nix-Brot :/
    Norddeutsche Bäcker sind die Katastrophe schlechthin.

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